„Gut Tag, mein Name ist Matthias Taubert und ich bin auf der Suche nach einer Möglichkeit Alpakawolle zu Klamotten zu verarbeiten. Können Sie mir da helfen? – „Hmm was wollen Sie denn damit machen? – „Naja, Outdoorklamotten so im Gewichtsbereich von 120 bis 240 g/m².“ – „So leicht, nein das haben wir nicht. Da hat auch sonst niemand Stoffe“ – „Ok und könnte man dann evtl. einen garn entwickeln, der leicht genug ist? – „Was wollen Sie machen? Ein eigenes Garn entwickeln? Das macht man aber eigentlich nicht so in der Textilindustrie. Da kauft man Stoffe und verarbeitet die“

So, oder so in etwa liefen meine ersten Gespräche mit den Textilexperten dieses Landes. Alpakastoffe in entsprechender Qualität? Fehlanzeige. Alpakagarne in der Qualität? Noch viel größere Fehlanzeige? Willige Firmen, die sowas machen würden? Ihr könnt es euch denken. Und in etwa so hat Industrie aber auch das Umfeld reagiert. Im besten Fall gelächelt aber dann bestimmend einschreiten: „Mach doch, was du kannst“ – „Schreib lieber deinen Doktor“ – „Nimm doch einfach Merinowolle“. Ich bin froh all das mit nein beantwortet zu haben. 

Mir war relativ schnell klar, dass viel Widerstand und Unwille gute Zeichen dafür sind, dass man etwas auf der Spur was anscheinend keiner so macht. Aber mir ging dieses eine Bild nicht aus dem Kopf, was ich mal aus einer Studie entnommen habe, als ich anfing mich in das Thema einzuarbeiten. Dieses recht unscheinbare Bild der kleinen Luftkanäle in der Alpakafaser. Wo sonst oft nur schwer nachprüfbare technische Versprechen abgegeben werden, sieht hier einfach jeder was der Vorteil ist. Luftkanäle gleich Isolation. Die Kanäle bringen auch noch viele andere Vorteile zu Trocknungsverhalten usw. mit aber das an anderer Stelle.

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Vergleich Merino und Alpaka Wolle – Quelle: FIBRES & TEXTILES in Eastern Europe 2012, Vol. 20, No. 1

Google auf, Stichwort: „Garnentwicklung Firma Deutschland“ (oder zumindest irgendwas in der Art), gefühlt auf Google Seite 3 (macht man auch nicht so) und dann die ersten Telefonate geführt. Von Unverständnis („Warum wollen Sie was aus Alpaka machen, wenn es Schafwolle gibt?“) über Unwilligkeit („Ich habe nachgefragt, die Geschäftsleitung möchte beim Schaf bleiben“ hinzu dem ersten Schlüsselerlebnis mit unserem ersten Entwicklungspartner, der AMCC Peppermint GmbH. Nach wenigen Minuten hatte ich meine Zusage, dass das machbar ist und dann auch noch gemacht wird! Lass uns Fäden entwickeln!

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Es ging dann recht schnell, dass wir ein erstes Angebot und eine Timeline für die Entwicklung hatten. Garnentwicklung, Flächenentwicklung, Prototyp – so der Ablauf. Das sollte dann eigentlich mal im Oktober 2021 fertig werden. Eigentlich… 

Es kommt halt dann immer anders als man denkt. Eines wunderschönen sommerlichen Nachmittags an den auslaufenden Hängen des Erzgebirges in der Nähe von Karl-Marx-Sta… Chemnitz bekam ich dann den Anruf mit der Mitteilung: Die Mutterfirma hat die AMCC geschlossen und alles auf Eis gelegt. Uff. Es waren bis dahin schon erste Marketinganzeigen angelaufen, Pressemappen verschickt und Pläne geschmiedet. Alles erstmal für die Katz.

Man könnte jetzt eine heroische Story erzählen, dass man natürlich nicht aufgibt und stärker hervorgeht… Jaja war ja auch irgendwie so aber ganz ehrlich, in dem Moment hat mein kein Bock mehr. Und ich habe nicht gleich die Chancen vor mir gesehen sondern in erster Linie erstmal dieses verfallene Haus auf der anderen Straßenseite. Passte immerhin zum Thema. 

Natürlich ging es weiter und natürlich wurde es dann nur noch besser. Über einen Tipp eines alten Bekannten, danke Jan, habe ich bei der Hochschule Niederrhein angerufen. Auch hier war man durchaus erstmal etwas belustigt aber schon auch interessiert. Und irgendwie müssen sie gemerkt haben, dass es mir ernst ist und nach Bürokratiekrieg und Sommerpause lief im Oktober dann doch unser Projekt statt in Chemnitz in Mönchengladbach an.

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Auf den Labormaschinen der Uni werden jetzt unsere Garne und Flächen entwickelt. Und jetzt muss ich es doch zugeben. Es ist natürlich besser als vorher und vielleicht bin ich sogar ganz dankbar, dass ich den Schritt nochmal gehen musste, denn die beiden Profs wissen wirklich was sie tun. Allein die Forschung zum Thema mikroplastikfreie Outdoorkleidung und deren Verarbeitung hat mich überzeugt. 

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Also dann: Lass uns Fäden entwickeln! Auch wenn das anscheinend niemand so macht. – Wollen Sie nicht lieber Merinowolle nehmen? 😉

WEITERE BEITRÄGE

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